Eugen Oberdorfer

Geboren:
02.03.1875, Augsburg
Ermordet:
07.03.1943, Auschwitz

Wohnorte

Augsburg, Maximilianstraße 17
Augsburg, Hallstraße 14

Letzter freiwilliger Wohnort

Orte der Verfolgung

Deportation
März 1943
von Augsburg
über München-Berg am Laim
nach Auschwitz

Erinnerungszeichen

Verlegung der Stolpersteine am 4. Mai 2017 für Eugen und Emma Oberdorfer

Biografie

Eugen Oberdorfer
geb. in Augsburg 02.03.1875, gest. 07.03.1943
deportiert und ermordet in Auschwitz

Eugen Oberdorfers Vater, Jacob Oberdorfer (geb. 1842, gest. Augsburg 1932) stammte aus einer Familie in Wallerstein mit einer langen Tradition seit 1829 als Schirmmacher. Sie waren u.a. Hoflieferanten der Fürsten von Oettingen-Wallerstein.

Als 1861 Juden erlaubt wurde in Augsburg zu siedeln, gründete Jacob O. 1865 hier mit einem Partner Moritz Gutmann die Firma Oberdorfer & Gutmann mit erstem Sitz am Schrannenplatz (Haus A 36, heute Maxstr. 87). Moritz Gutmann (geb. 1851 Hainsfarth – gest. 1932 Augsburg) zieht sich nach seiner Heirat aus dem Unternehmen zurück. Von nun an hieß die Firma Jacob Oberdorfer. Er heiratet 1865 Moritz Gutmanns Schwester Bertha, „Peppi“ genannt (geb. 1844 in Wassertrudering, gest. 1927), in Augsburg.

1872 zieht die Firma ins Haus der heutigen Maximilianstraße 17 (ehemals C 4) mit Werkstätten im Hinterhaus, Ladengeschäft zur Straße und mit Wohnung im Obergeschoss. Hier kam Eugen Oberdorfer zur Welt und wohnte dort bis zu seiner Heirat 1905 mit Emma Karolina Binswanger (geb. in Augsburg, 8. März 1884, gest. 7. März 1943).

Als Vater Jacob taub wurde, übernahm 1910 sein Sohn Eugen mit seiner Frau Emma Karolina den Familienbetrieb und führte die Manufaktur und den Laden weiter, bis im Zuge der Nazigesetze von 1938 Juden kein Besitz mehr erlaubt war. Der Betrieb wurde „arisiert“, d.h. zwangsverkauft an eine ehemalige Mitarbeiterin, Frau Wilhelmine Hoffmann. 1940 wurde auch das Gebäude zwangsverkauft und ging an dieselbe Besitzerin. In der Bombennacht vom 25./26. Februar 1944 wurde das Gebäude bis auf den Keller zerstört.

Im Mai 1942 wurden Eugen und Emma Karolina Oberdorfer von den Nazis in die Hallstraße 14 zwangsweise in ein sogenanntes »Judenhaus« umgesiedelt, wo viele Juden auf engstem Raum leben mussten.

Ab 1940 musste Eugen, bereits 67 Jahre alt, schwerste Zwangsarbeit bei Johann Schaffner Hoch & Tiefbau Augsburg leisten, danach leisteten er und seine Frau Emma, 58 Jahre alt, von Sommer 1942 bis Anfang März 1943 Zwangsarbeit in der Augsburger Ballonfabrik Riedinger. Hier haben sie wie viele andere in Augsburg verbliebene Juden, denen es nicht gelang zu fliehen, in der Rüstungsproduktion gearbeitet, in der Hoffnung, dass sie eine Überlebenschance hätten, solange sie kriegswichtige Arbeit verrichteten.

Im März 1943 wurden sie deportiert, als sie offenbar nicht mehr leistungsfähig waren. Sie hofften bis zuletzt vergeblich gerettet zu werden. In ihrem Abschiedsbrief schreiben sie:

"Wir wollen durchhalten, innigste Grüße Vater Mutter"

Ihr Leidensweg, sowie der aller Anderen, die am 07. März 1943 deportiert wurden, führte über München nach Auschwitz. Dort standen sie ausgeliefert allein und verlassen auf der Rampe, um für die Gaskammer selektiert und wie Abfall in einem Massengrab entsorgt zu werden.

Heute ist das wiederaufgebaute Haus noch im Besitz der Familie Hoffmann. Als die Firma weiter unter dem Namen Wilhelmine Hoffmann geführt wurde und ihr 100jähriges Jubiläum feierte, gratulierte die Industrie und Handelskammer (IHK) der Familie Hoffmann, ohne ein einziges Wort darüber zu verlieren, wer tatsächlich die Gründer und Vorbesitzer waren. Der jetzige Besitzer des Gebäudes lehnt jegliches versöhnliche Gedenkzeichen an seinem Haus ab.

Quelle: Text geschützt ©Miriam Friedmann und Dokumentarfilm „Die Stille schreit“ geschützt ©Josef Pröll www.diestilleschreit.de
Online 2017

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