Augsburg, Ludwigstraße 28
Augsburg, Maximilianstraße 17
Augsburg, Hallstraße 14
Deportation
März 1943
von Augsburg
über München-Berg am Laim
nach Auschwitz
Die Familie Binswanger stammt aus Osterberg. Die Stammeltern Moses und Blümle Binswanger hatten neun Söhne, vier von ihnen emigrierten Anfang des 19. Jahrhunderts nach den USA, gründeten eine Glasfabrik und wurden sehr erfolgreich.
Die in Deutschland in Osterberg Gebliebenen gründeten die Firma Jacob Binswanger & Co., eine Dampfbrennerei. Nachdem diese 1864 abbrannte, siedelten sie 1865 nach Augsburg und begannen von Neuem in der Ludwigstraße 28 (ehem. Lit. 174), wo sich jetzt ein Parkhaus mit einer Gedenktafel befindet. Auch diese Familie wurde 1938 endgültig aus dem Augsburger Geschäftsleben vertrieben und ihr Geschäft, Häuser und Betrieb durch das Hotel Drei Mohren „arisiert“.
1905 heiratet Emma Karolina Eugen Oberdorfer. Sie bekommen zwei Töchter, Elisabeth und Marianne. Beiden gelang die Flucht im 2. Weltkrieg aus Deutschland. Kurz nachdem Hitler die Macht übernahm, fuhr 1934 Elisabeth nach Italien. Sie wollte Italienisch lernen und dann wieder nach Hause zurückkehren. Es war aber bald klar, dass dies nicht möglich sein würde. In Rom traf sie einen Freund aus Augsburg, Fritz Friedmann, der schon 1933 nach der Machtübernahme in Augsburg für kurze Zeit verhaftet wurde und nach seiner Freilassung nach Italien floh. Sie heirateten 1938. Als Hitler und Mussolini miteinander paktierten, mussten sie aber weiter fliehen. Es war nicht leicht, da kein Land der Welt Juden aufnehmen wollte. Auf Umwegen gelang ihnen die Flucht in die USA mit Hilfe der Binswanger-Familie, die schon längst in den USA etabliert war. Elisabeth sah ihre Eltern nie wieder.
Marianne, Elisabeths Schwester, gelang 1939 die Flucht direkt in die USA mit Hab und Gut. Sie versuchte vergeblich von dort aus ihre Verwandten Binswanger zu überreden, ihre Eltern zu retten. Die USA wie so viele Länder verlangten große Summen Geld und Bürgschaften für Einlass in ihr Land. Aber da die etablierte Großfamilie damit zögerte, war es bald zu spät, und im März 1943 wurden Emma und Eugen Oberdorfer deportiert, als sie offenbar nicht mehr leistungsfähig waren. Sie hofften bis zuletzt vergeblich gerettet zu werden. In ihrem Abschiedsbrief schreiben sie:
“Wir wollen durchhalten, innigste Grüße Vater Mutter“
Ihr Leidensweg wie der aller Anderen, die am 7. März 1943 deportiert wurden, führte über München nach Auschwitz. Dort standen sie ausgeliefert allein und verlassen auf der Rampe, um für die Gaskammer selektiert und wie Abfall in einem Massengrab entsorgt zu werden.
Die Tochter von Elisabeth, Miriam Friedmann, lebt seit 2001 in Augsburg.
Am 4.5.2017 wurden in der Maximilianstrasse 17 in Erinnerung an Eugen und Emma Oberdorfer Stolpersteine verlegt.
Quelle: Text geschützt ©Miriam Friedmann und Dokumentarfilm „Die Stille schreit“ geschützt ©Josef Pröll www.diestilleschreit.de