Augsburg, Bahnhofstraße 26
Augsburg, Anna-Platz 5 (heute: Martin-Luther-Platz)
Augsburg, Hallstraße 12
Augsburg, Bahnhofstraße 18 1/5
Freitod am 7. März 1943
1872 gründete der Vater ihres Ehemanns Simon Friedmann (geb. in Niederwerrn/Franken 4. November 1843 – gest. 24 August 1924) und seine Frau Marie, geb. Rosenberg in Fürth) mit seinem Partner Moritz Dannenbaum Friedmann & Dannenbaum den Weiß- und Wollwaren Großhandel Herren und Damen Wäschefabrik (Moritz D. scheidet bald aus der Firma aus). Der ursprüngliche Name wurde aber beibehalten. Als die Firma sich zu einer der erfolgreichsten und führenden in Süddeutschland entwickelte, kaufte Simon Friedmann das prachtvolle 1766 gebaute Münch‘sche Palais am ehem. Anna-Platz (im 3. Reich umbenannt in Martin-Luther-Platz 5). Die Firma war seinerzeit hochmodern mit den neuesten Maschinen aus den USA und hatte etwa 100 Mitarbeiter.
1935 wurden Ludwig Friedmann und seine Schwester Jenny Schnell, geb. Friedmann, Alleinerben des Stammhauses am Martin-Luther-Platz 5, sowie der Firma, die in der Zwischenzeit umgezogen war in die Hermanstraße 15. Hier hat die Firma während der 1930 Wirtschaftskrise mit anderen Wäschefabriken fusioniert und wurde seitdem unter dem Namen „Augsburger Wäschefabriken“ geführt.
Seit 1921 spielte Ludwig Friedmann eine führende Rolle bei der IHK – Industrie und Handelskammer – in Augsburg, u.a. als Handelsrichter. Ab 1933 konnten Juden nicht mehr in führende Positionen der IHK gewählt werden, aber er durfte diese noch beibehalten und musste erst endgültig 1938 ausscheiden. Es wurde vergeblich seit 2021 versucht ein Gedenken über die wichtige Rolle, die Ludwig Friedmann bei der IHK gespielt hat, zu gestalten. Es wurde der Enkeltochter Miriam Friedmann zugesichert, dies zu tun – und bisher noch nicht verwirklicht.
1937 wurde die Firma Friedmann & Dannenbaum im Zuge der Nazigesetze von 1938, wonach Juden kein Besitz mehr erlaubt war, „arisiert“, d.h. zwangsverkauft. In diesem Fall durch Vermittlung der Commerzbank an die Firma Fritz und Karl Oelkrug. Die Verkaufssumme wurde auf ein Sperrkonto gelegt. Friedmann und seine Schwester Jenny Schnell haben keinen Pfennig davon gesehen. 1938 wurde auch das Haus am Martin-Luther-Platz 5 an den Baron Hans von Schnurbein, Hermerten bei Rain/Lech zwangsverkauft. Die Verkaufssumme wurde auch in diesem Fall auf ein Sperrkonto gelegt. Friedmann und seine Schwester Jenny Schnell haben auch hier keinen Pfennig davon erhalten.
Ab 1940, als Ludwig und seiner Frau Selma nicht mehr erlaubt war, in ihrer eigenen großen Wohnung in der Hallstraße 12 zu leben, durften sie in ihrem ehemaligen Haus am Anna-Platz leben, was aus heutiger Sicht unvorstellbar schwierig gewesen sein dürfte. 1942 wurden Ludwig Friedmann und seine Frau Selma in die Bahnhofstraße 18 1/5, in ein sogenanntes „Judenhaus“ zwangsumgesiedelt. Dort, am Abend vor ihrer für den 7. März 1943 vorgesehenen Deportation, haben sie sich zusammen mit drei weiteren befreundeten Ehepaaren das Leben mit Leuchtgas genommen.
Opportun als Propaganda wurden sie alle im Jüdischen Friedhof in der Haunstetter Straße unter den wachsamen Augen der Gestapo begraben.
„Das Vermögen der vorstehenden Juden wurde mit Sammel-Einzugsverfügung vom 6.3.1943 zugunsten des Reiches eingezogen. Die Einziehung wurde veröffentlicht durch Aushang beim Polizeipräsidenten Augsburg“.
Familie Fromm
Die Familie Fromm stammt ursprünglich aus Fischach und waren Hopfenhändler. 1872 wird das Handelsgeschäft Joachim Fromm gegründet und wächst rapid zu einer weltweit führenden Firma, mit Niederlassungen u.a. in München.
Am 25. Juni 1942 wird Selmas Mutter Flora aus dem Krankenhaus der Israelitischen Kultusgemeinde in München nach Theresienstadt deportiert, wo sie kurz danach stirbt.
Selma wurde am 8. August 1890 im Augsburg geboren und macht ihr Abitur am Stetten-Institut, damals eine Privatschule in der Stadt. Bis zu ihrer Hochzeit 1911 wohnt sie in der Bahnhofstraße mit ihren Eltern – später wird diese Straße ihr Verhängnis, da im 3. Reich die Bahnhofstraße 18 1/5 zu einem sogenannten „Judenhaus“ umgewandelt wird. Bis zur Enteignung 1938 und Löschung der Hopfenhandlung aus dem Handelsregister 1939, waren die Münchner Familien Heinrich Fromm, und durch Einheirat mit der Familie Hugo Marx (Bank), bedeutende Mäzene für die Kultur in München als Mitbegründer der Kammerspiele, des Grafischen Kabinetts, ferner als Unterstützer des Theaters Augsburg, als dieses in den 1920er Jahren in finanzielle Schwierigkeiten geriet.
© Text geschützt. Quelle: Film „Die Stille Schreit“ www.diestilleschreit.de und Miriam Friedmann